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Hildegard Fritzsche:
Vor dem Tribunal
der Sieger
Gesetzlose Justiz in Nürnberg
Was jeder Deutsche in den Nachkriegsjahren Stück um Stück
erlebte, sammelte sich bei Hans Fritzsche wie in einem Brennglas: im
Nürnberger Prozeß der Einundzwanzig, in dem er
stellvertretend für Goebbels angeklagt war.
Hans Fritzsches Beobachtungen, seine meisterhaften, messerscharfen
Formulierungen über den Ablauf dieses Prozesses, über jeden
einzelnen der Angeklagten und ihren Kampf, über die
Prozeßmethoden, über Kläger, Richter, Zuschauer,
Gefängnisoffiziere, Wärter, Presseleute und Psychologen, alles
das hat Hildegard Fritzsche glänzend zusammengestellt und ist
ungemein anschaulich und fesselnd zu lesen. Das Buch läßt
keinen Zweifel darüber, daß der Versuch einer neuen
Rechtsschöpfung, an den einige auch in Nürnberg geglaubt
haben mögen, mißlungen ist.
Unter der Wucht der Anklage einer ganzen Welt und eines beispiellosen
Zusammenbruchs eines Reiches tritt für Fritzsche und seine
Mitangeklagten mehr und mehr die Verantwortung vor dem eigenen
Gewissen in den Mittelpunkt. Unabhängig vom Urteil einer von
Voreingenommenheit und von Haß verblendeten Umwelt ringen die
einstigen Führer des Reiches, jeder für sich in seiner Zelle oder
gemeinsam bei den kärglichen Sprechmöglichkeiten um die
Erkenntnis ihrer Verantwortung im nationalsozialistischen Deutschland. Ihre
Einsichten und ihre persönliche Haltung sind eines der
erschütterndsten Kapitel dieses Buches. Damit wird allen denen, die in
jenen zwölf Jahren mit "dabei waren", im Rahmen eines menschlich
wie sachlich erregenden Berichts auch ein Maßstab für die
eigene Verantwortung gegeben.
Hans Fritzsche aber war, und das ist in dem gesamten Buch erkennbar,
angesichts der Weltkatastrophe völlig frei von Rachsucht oder
Haßgefühlen, er verfolgte das, was sich in der Nürnberger
Szene vollzog, mit dem unwahrscheinlichen Abstand eines Menschen, der die
politisch-geschichtlichen Vorgänge und Abläufe zu beurteilen
vermochte und das Leben kannte.
Jene Todgeweihten, die vom Nachkriegsschicksal ganz unbarmherzig in
scheinbar unentrinnbare Tiefen gestoßen wurden, offenbaren dem
mitempfindenden Leser ihre menschliche Größe in
erschütternder Weise. Aus heutiger Sicht wird manches in diesem
Buch unbegreiflich erscheinen, was damals in Nürnberg geschehen
konnte.
(Klappentext.)
(335 S., 17 x 24.5 cm, Leinen mit Goldprägung und Schutzumschlag,
mit 24 s/w-Fotoseiten)
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